Die Verwaltungsarbeit auf kommunaler Ebene muss in Schleswig-Holstein und in Amt Hohner Harde neu geregelt werden. Bis Ende 2014 ist eine Reform erforderlich, weil die geltende Amtsordnung für verfassungswidrig erklärt wurde. Das Landesverfassungsgericht hatte gerügt, dass Gemeinden ihre Selbstverwaltungsaufgaben fast unbegrenzt an den jeweiligen Amtsausschuss abgeben konnten, der aber nur mittelbar eingeschränkt demokratisch legitimiert ist. Die Arbeit des Amtsausschusses hat mit einer Gemeindeselbstverwaltung nichts mehr zu tun. Die Bürgermeister der Gemeinden handeln im Amtsausschuss ohne direkten Auftrag der wahlberechtigten Einwohner und Bürger der Gemeinde.
Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Regelung über die Zusammensetzung der Amtsausschüsse in Anbetracht des stetig wachsenden Aufgabenbestandes der Ämter nicht mehr verfassungsgemäß ist. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2014 eine Neuregelung zu schaffen. Dabei kann der Gesetzgeber entscheiden, ob er künftig eine Direktwahl des Amtsausschusses vorschreibt oder ob er die Aufgabenübertragung auf die Ämter begrenzt.
Die Ämter dienen der Stärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung. Sie erledigen bestimmte, ihnen vom Gesetz zugewiesene oder übertragene Aufgaben der amtsangehörigen Gemeinden. Organe des Amtes sind der Amtsausschuss sowie die Amtsvorsteherin / der Amtsvorsteher und bei hauptamtlich verwalteten Ämtern die Amtsdirektorin / der Amtsdirektor. Der Amtsausschuss trifft alle für das Amt wichtigen Entscheidungen. Nach der derzeitigen Regelung des § 9 der Amtsordnung wird er nicht direkt vom Volk gewählt, sondern setzt sich zusammen aus den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der amtsangehörigen Gemeinden und weiteren Mitgliedern, die von den Gemeindevertretungen zusätzlich aus ihrer Mitte gewählt werden. Es können auch sachkundige Bürger bestellt werden.
Das Gericht hat entschieden, dass diese mittelbare demokratische Legitimation des Amtsausschusses angesichts der zunehmenden Bedeutung der Ämter bei der Ausübung staatlicher Gewalt heute nicht mehr ausreicht. Der in Artikel 2 Absatz 1 und 2 der Landesverfassung zum Ausdruck kommende Grundsatz der Volkssouveränität verlangt, dass sich jede staatliche Willensäußerung letztlich vom Volkswillen und damit vom Volk als eigentlichem Träger staatlicher Gewalt ableiten lassen muss. Das Volk manifestiert seinen Willen durch Wahlen und handelt durch seine gewählten Vertreterinnen und Vertreter. Für die Landesebene und auf der Ebene der Gemeinden und Gemeindeverbände verlangt Art. 3 Absatz 1 der Landesverfassung eine unmittelbare Wahl der jeweiligen Volksvertretung.
Das Gericht stellt maßgeblich darauf ab, dass der Aufgabenbestand eines Amtes gesetzlich nicht abschließend festgelegt ist. Mit § 5 Abs. 1 der Amtsordnung eröffnet der Gesetzgeber den Gemeinden vielmehr die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, welche ihrer Selbstverwaltungsaufgaben sie auf das Amt übertragen. Von diesen Übertragungsmöglichkeiten machen die Gemeinden zunehmend Gebrauch. Da das Gesetz ihnen hierbei kaum Grenzen setzt, besteht die Gefahr, dass Aufgaben in einem Umfang und von einem Gewicht übertragen werden, dass sich die Ämter faktisch zu Gemeindeverbänden entwickeln. Trotz dieser Gefahr, die sich im Tatsächlichen auch zunehmend realisiert, hat der Gesetzgeber keine prozeduralen Vorkehrungen getroffen, die dem entgegenwirken. Ebenso wenig hat er für den Fall der tatsächlichen Entwicklung zum Gemeindeverband eine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses vorgesehen.
Um dieses gesetzgeberische Versäumnis zu korrigieren, bestehen zumindest zwei Handlungsoptionen. Will der Gesetzgeber es bei der mittelbaren demokratische Legitimation des Amtsausschusses belassen, müsste er die Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben auf die Ämter nach Umfang und Gewicht beschränken, um die fortschreitende Entwicklung der Ämter zu Gemeindeverbänden aufzuhalten. Dies wird nur mittels Aufstellung eines Kataloges an Selbstverwaltungsangelegenheiten möglich sein. Der Gesetzgeber könnte sich aber auch zur Einführung einer Volkswahl auf Amtsebene entscheiden. Dann hätte er zu beachten, dass es sich um eine ebenso eigenständige Wahl handeln muss wie die Wahl einer Gemeindevertretung oder des Kreistages, die zwar zeitlich, nicht aber inhaltlich gekoppelt werden dürfen.
Bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2014, bleibt § 9 der Amtsordnung anwendbar. § 5 Absatz 1 Satz 1 der Amtsordnung bleibt nur insofern anwendbar, als er die Rechtsgrundlage für bereits erfolgte Übertragungen bildet.
Die Leitsätze des Urteils vom 26. Februar 2010 (Az.: LVerfG 1/09) finden sich im Anhang.
Das Urteil ist einstimmig ergangen.